So mancher Beobachter des Ostsaar Fussballs stellte sich im Laufe der Saison die Frage, was beim SV Kirkel zum unerwarteten „Höhenflug“ mit beinahe ungefährdeter Meisterschaft in der zu Ende gehenden Saison geführt hat. Marc Schaber / SCB-Online hat dazu den langjährigen Vorsitzenden und immer noch aktives Vorstandsmitglied des SV Kirkel, Bernd Günther, befragt.
SCB-O: Woher kommt der plötzliche Erfolg des SV Kirkel?
B.G.: Die letzten 4 Jahre, begonnen noch in der Corona Krise, ging es Schritt für Schritt aufwärts. Deshalb ist das Wort „plötzlich“ hier nicht ganz richtig. Das Ganze wurde sehr gut vorbereitet und entwickelt.
SCB-O: In der laufenden Saison fallen vor allem die beiden Stürmer auf, von denen jeder weit über 50 Tore geschossen hat. Sind sie alleine der Schlüssel zum Erfolg ?
B.G.: Der Kern der Mannschaft hatte schon immer Potential. Aber häufig ist man in der Vergangenheit dann an der geringen Torausbeute gescheitert – die Defensive ist schon seit vielen Jahren die verlässliche Basis für den Erfolg. Jetzt ist die Mannschaft komplett, sehr erfahren und gut aufgestellt. Man verfügt über die Spieler, die eine gute Leistung auch mit Toren belohnen. Es war schon immer ein tolles Team mit viel Teamgeist und Charakter. Aber natürlich wurde auch Schritt für Schritt punktuell an der Verstärkung gearbeitet und zuletzt mit den beiden tollen Stürmern gekrönt. Aber Fußball bleibt ein Mannschaftssport, und auch der beste Stürmer ist auf die Unterstützung seiner Mitspieler angewiesen. Und diese Unterstützung ist die Mannschaft in der Lage und bereit zu geben. Das ist es, was die Mannschaft verstanden hat und nach den Vorgaben des Trainers konsequent umsetzt.
SCB-O: Das heißt, dass man in Kirkel auch immer noch in großem Maße auf die Leistungsträger baut, die teilweise schon seit ihrer Jugend für den Verein spielen?
B.G.; Ja, das ist tatsächlich so. Ein großer Teil des Spielerstamms sind „Kirkeler Jungs“, teilweise auch zurückgekehrt aus anderen Vereinen. Aber größtenteils schon immer dabei.
SCB-O: Wie ist es gelungen, auch in der lang anhaltenden kritischen Vereinssituation (kein Flutlicht, fehlender Platz und verbundene Unsicherheit) die meisten Spieler über die Jahre zu halten und sogar neue dazu zu gewinnen?
B.G.: Es ist richtig, dass die Infrastruktur in Kirkel alles andere als ideal waren. Und das über Jahre. Zuletzt standen 2 Jahre Umbauarbeit mit Training auf Plätzen in Scheidt, Jägersfreude oder sonstwo.
Aber wie gesagt, der Charakter der Mannschaft ist vorbildlich und sie haben die Zusagen und Versprechungen des Vorstandes geglaubt, denn man hat jederzeit offen und ehrlich untereinander kommuniziert – auch die Probleme. Deshalb hat der Vorstand natürlich auch einen hohen Anteil am derzeitigen Erfolg.. Gerade in der langen, schwierigen Zeit des Platzumbaus wurden die Spieler immer mitgenommen und sie haben gesehen, wie der Verein sich um Lösungen mit der Gemeinde und der Finanzierung bemüht hat. Ich denke, das haben die Spieler so auch honoriert und sind sich alle als Team treu geblieben – haben sich dadurch sogar noch stärker verbunden gefühlt. Keiner wollte die anderen im Regen stehen lassen und jeder hat seinen Beitrag geleistet.
Und genauso wie die Mannschaft, hat sich auch der Vorstand in den letzten Jahren stetig verbessert und erst ab 2020 so richtig aufgestellt. Gegenüber den vielen Jahren zuvor sind alle Positionen besetzt und die Leute leisten richtig gute Arbeit. Unser Spielausschuss ist geprägt durch langjährige extrem erfolgreiche Aktivenzeit und spricht die Sprache der Spieler – dabei ist er extrem gut vernetzt. Rund um die Sportanlage gibt es fast täglich Aktivitäten und der Orgaleiter wird genauso wenig müde wie der Bauleiter. Social Media und die Finanzen incl. Sponsoring sind in den besten Händen, der Jugendbereich wächst jährlich spürbar. Und über unseren Vorsitzenden ist auch der wichtige gute Draht zur Gemeinde gesichert. Alle sind extrem motiviert und machen ihre Hausaufgaben, so dass die best mögliche Basis für den Spielbetrieb vorhanden ist.
SCB-O: Bist du persönlich enttäuscht, dass du nicht mehr an der Spitze stehst, jetzt wo jetzt alles so gut läuft?
B.G.: Keineswegs. Ich bin froh, dass sich alles nach den vielen, schweren Krisenjahren so entwickelt hat, wie wir es uns immer gewünscht haben. Uns ist die komplette Kehrtwende gelungen – aber nur weil wir jahrelang richtig gehaushaltet und aufgebaut haben. Sowohl finanziell als auch personell. Bis 2019 war der Verein eher durch Krisen zu führen, als neue Ufer zu entdecken. Das Geld war knapp, die Infrastruktur sehr bescheiden. Vorstandsmitglieder mussten gefunden werden, die sich positiv einbringen wollen. Und das ist zu 100% gelungen – und der große Verdienst der vergangenen Jahre. Auch wenn es aufgrund der tollen Jungs immer Spaß gemacht hat, stand man immer mit dem Rücken zur Wand.
Das hat sich dann geändert und aus dem konsolidierten Vereinsumfeld konnte man erstmals in den 20er Jahren auch aktiv an das Gestalten der Zukunft denken. Die Weichen wurden vom Krisenmanagement hin zur aktiven Zukunftsgestaltung gestellt, Dank der Basis, die man sich über die Jahre gemeinsam erschaffen hat. Und das war genau der richtige Zeitpunkt für mich, sich aus der ersten Linie zurückzuziehen. Wir sind durch die neuen Leute wesentlich besser aufgestellt und gemeinsam ernten wir jetzt die Früchte dieser harten Zeit. Darauf sind wir auch ziemlich stolz.
SCB-O: Noch einen Gedanken an die Zukunft – wie geht es weiter beim SV Kirkel?
Wir werden auch weiterhin vernünftig wirtschaften, den Ball flach halten und keine Luftschlösser bauen (vor dem Luftschloss muss noch das Sportheim saniert werden! „lacht“). Aber unsere Möglichkeiten und Fähigkeiten haben sich deutlich verbessert gegenüber früher, so dass wir uns auf jeden Fall auf die nächste Saison mit guter Erster und Zweiter Mannschaft freuen. Aber nichts muss – wir haben keinen Druck und nehmen es so wie es kommt.
SCB-O: Danke für das nette Gespräch Bernd, einen guten Saisonendspurt und eine erholsame Sommerpause!
B.G.: Danke für dein Interesse und deine Zeit. Auch dir und deinem Team eine schöne Sommerpause. Erholt euch von den manchmal doch sehr hitzigen Diskussionen und Beiträgen hier. Und dann freue ich mich auf die Berichte aus der Landesliga.